Aufgabe: Eigenschwingungen eines kontinuierlich mit Masse belegten Biegeträgers

Kontinuierlich mit Masse belegter Biegeträger, links eingespannt, rechts gelenkig gelagertDas Entstehen und der Umgang mit homogenen Gleichungssystemen wird hier am besonders einfachen Beispiel der Berechnung der Eigenschwingungen eines kontinuierlich mit Masse belegten Biegeträgers demonstriert (zu komplizierteren Beispielen kommt man über den Link "Biegeschwingungen gerader Träger").

Für den nebenstehend skizzierten Träger sollen bei der numerischen Auswertung folgende Zahlenwerte angenommen werden:

l = 1 m ;   EI = 3000 Nm2 ; ρA = 3 kg/m .

Analytische Lösung ⇒ Homogenes Gleichungssystem

Im Skript "Biegeschwingungen gerader Träger" (PDF) wird die Theorie ausführlich dargestellt und gezeigt, dass sich die Eigenschwingungsformen in dem oben dargestellten Koordinatensystem in der Form

Allgemeine Darstellung der Funktion für die Eigenschwingungsformen gerader Biegeträger

aufschreiben lassen (es gibt bei diesem System mit "unendlich vielen Freiheitsgraden" unendlich viele Eigenfrequenzen mit jeweils einer zugehörigen Schwingungsform, der Index i bezieht sich auf die i-te Schwingungsform). Die darin enthaltenen Parameter λi sind mit den Eigenkreisfrequenzen der Schwingungen über die Beziehung

Eigenkreisfrequenz eines geraden Biegeträgers

 verknüpft, und die Konstanten C1,i bis C4,i sind die Lösungen des homogenen Gleichungssystems

Beispiel eines homogenen Gleichungssystems für die Integrationskonstanten der Lösungsfunktion eines Biegeträgers

Natürlich interessieren nur die nichttrivialen Lösungen, denn die triviale Lösung beschreibt nur die Ruhelage des Systems. Schwingungen sind also nur möglich, wenn die Koeffizientenmatrix A singulär ist, ihre Determinante den Wert Null hat. Die Bedingung

Biegeschwingungen ferader Träger: Die ersten drei Schwingungsformen für ein spezielles BeispielBedingung für die Existenz nichttrivialer Lösungen eines homogenen Gleichungssystems

führt auf die Bestimmungsgleichung für die λi-Werte, die für diesen einfachen Fall durch Entwicklung der Determinante erzeugt werden kann:

Eigenwertgleichung für ein spezielles Beispiel

liefert die  λi-Werte, für die das homogene Gleichungssystem nichttriviale Lösungen hat. Die numerische Lösung dieser Gleichung mit Matlab wird bei der exakten Lösung der Aufgabe 32-6 auf verschiedene Weise realisiert (siehe auch: "Matlab: Beispiel einer Nullstellenberechnung"). Die Gleichung hat unendlich viele Lösungen, die drei kleinsten sind:

λ1 = 3,9266  ;     λ2 = 7,0686  ;     λ3 = 10,2102 ;  ...

Für jedes λi ist die Koeffizientenmatrix A des homogenen Gleichungssystems singulär. Damit kann für jedes  λi ein Satz nichttrivialer Konstanten C1,i bis C4,i (bis auf einen beliebigen Faktor) berechnet werden, so dass die zugehörige Eigenschwingungsform Zi nach der oben angegebenen Formel aufgeschrieben werden kann. In Matlab ist das z. B. zu realisieren durch den Aufruf der null-Function, der entsprechend

ci = null (Ai)

die Matrix Ai (berechnet mit dem Wert für λi) übergeben wird. Abgeliefert wird der Vektor der 4 Konstanten C1,i bis C4,i. Nebenstehend sind die graphischen Darstellungen der Schwingungsformen für die ersten drei Eigenfrequenzen zu sehen.

Differenzenverfahren ⇒ Spezielles Matrizeneigenwertproblem

Im Skript "Biegeschwingungen gerader Träger" (PDF) wird die hier betrachtete Aufgabe auch mit verschiedenen numerischen Verfahren gelöst (Differenzenverfahren, Verfahren von Ritz und Finite-Elemente-Methode). Diese Verfahren führen auf spezielle Varianten des homogenen Gleichungssystems.

Einteilung eines speziellen Biegeträgers in 6 Abschnitte für die Lösung mit dem DifferenzenverfahrenBeim Differenzenverfahren wird die Schwingungsform durch Verschiebungen an diskreten Punkten beschrieben. In dem genannten Skript wird gezeigt, dass bei einer (sehr groben) Einteilung des Träger in 6 Abschnitte (Abstand der äquidistanten Stützpunkte: h = l/6, siehe Skizze) für die Berechnung der Vertikalverschiebungen Z1 bis Z5 der Punkte 1 bis 5 das folgende homogene Gleichungssystem formuliert werden kann:

Homogenes Gleichungssystem für die Eigenschwingungsberechnung eines speziellen Biegeträgers nach dem Differenzenverfahren

In

Zusammenhang des Eigenwertes mit der Eigenkreisfrequenz

steckt (neben den gegebenen Größen und der Schrittweite h) wieder die Eigenkreisfrequenz. Natürlich interessieren auch hier nur die nichtttrivialen Lösungen des homogenen Gleichungssystems. Gesucht sind also die κ-Werte, die die Koeffizientenmatrix singulär machen. Man könnte also die Determinante dieser Matrix nach dem Laplaceschen Entwicklungssatz berechnen, was auf eine algebraische Gleichung 5. Grades führen würde, die man dann numerisch lösen müsste. Dies ist nicht empfehlenswert (und für feinere Diskretisierungen, die auf wesentlich größere Gleichungssysteme führen, ohnehin nicht praktikabel), denn mit dieser Form eines homogenen Gleichungssystems beschäftigt sich ausführlich ein Spezialgebiet der numerischen Mathematik und stellt leistungsfähige Algorithmen zur Verfügung. Dafür wird es in der Form

Eigenschwingungen eines speziellen Biegeträgers mit dem Differenzenverfahren: Spezielles Matrizeneigenwertproblem

geschrieben. Es ist ein so genanntes "Spezielles Matrizeneigenwertproblem"

Eigenschwingungen eines speziellen Biegeträgers mit dem Differenzenverfahren: Spezielles Matrizeneigenwertproblem in Matrixschreibweise

(E ist die Einheitsmatrix). Für die Lösung solcher Aufgabenstellungen wird auf die Seite "Matrizeneigenwertprobleme" verwiesen. Die Ergebnisse findet man hier unter dem Link "Lösung mit dem Differenzenverfahren mit Matlab".

Finite-Elemente-Methode ⇒ Allgemeines Matrizeneigenwertproblem

Beispiel eines massebehafteten Biegeträgers mit zusätzlicher EinzelmasseIm Skript "Biegeschwingungen gerader Träger" (PDF) wird die nebenstehend skizzierte Aufgabe als Beispiel für die Lösung mit der Finite-Elemente-Methode ausführlich behandelt. Als Zahlenwerte werden verwendet:

l = 1 m ;   EI = 3000 Nm2 ; ρA = 3 kg/m ; m = 2 kg .

Wie beim Differenzenverfahren wird die Schwingungsform durch Variablen an diskreten Punkten beschrieben (hier: Verschiebungen und Tangentenneigungen).

Einteilung eines speziellen Biegeträgers in 2 finiten ElementeIn dem genannten Skript wird gezeigt, dass bei einer (sehr groben) Einteilung des Träger in nur 2 Elemente (nebenstehende Skizze) ein homogenes Gleichungssystem mit nur 3 Gleichungen entsteht, weil 2 Verschiebungen (an der Einspannung links und an der Zwischenstütze) und die Tangentenneigung an der Einspannung links gleich Null sind, so dass die 3 verbleibenden unbekannten Verformungen die Tangentenneigungen an der Zwischenstütze (Punkt 2) und am rechten Rand (Punkt 3) und die Vertikalverschiebung des Punktes 3 sind. Das verbleibende homogene Gleichungssystem wird hier gleich in der Form des Matrizeneigenwertproblems aufgeschrieben:

Allgemeines Matrizeneigenwertproblem für die Eigenschwingungsberechnung eines speziellen Biegeträgers

(ω ist die Eigenkreisfrequenz des Schwingungssystems). Dies ist ein so genanntes "Allgemeines Matrizeneigenwertproblem"

Allgemeines Matrizeneigenwertproblem in Matrizenschreibweise

(im Gegensatz zum speziellen Matrizeneigenwertprolem, wie es oben beim Differenzenverfahren entstand, ist beim allgemeinen Eigenwertproblem keine der beiden Matrizen eine Einheitsmatrix).

Für die Lösung solcher Aufgabenstellungen wird auch hier auf die Seite "Matrizeneigenwertprobleme" verwiesen. Die Ergebnisse findet man u. a. auf der Seite "Beispiel: Eigenschwingungen eines geraden Biegeträgers".